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Anforderungen an Mitarbeitende verändern sich noch schneller.

Nach der Corona-Krise: Anforderungen an Mitarbeitende verändern sich noch schneller. Laufbahnberater Michael Gschwind erläutert, welche Folgen die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus auf das Arbeitsleben sowie den Weiterbildungsmarkt haben.

Wie erlebten Sie als Laufbahn- und Berufsberater diese aussergewöhnliche Zeit rund um das Coronavirus?

Die Krise hat auch uns wirtschaftlich getroffen, da Klienten Anliegen rund um die eigene Laufbahn auf unbestimmte Zeit verschoben haben. Aufgrund Unsicherheit bezüglich dem Infektionsrisiko im Direktkontakt nahmen die Anfragen ab. Die virtuelle Beratung hat an Bedeutung gewonnen, es ist «normal» geworden Beratungen per Skype, Zoom, Teams etc. durchzuführen. Das heisst, es gab auch bei uns einen Digitalisierungsschub.

Michael F. Gschwind
Laufbahnberater und Fachpsychologe für Coaching-Psychologie, mfgschwind human consulting

Was sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Zeit in Bezug auf die Arbeitswelt?

Das Bedürfnis nach Sicherheit (eine sichere Stelle zu haben) hat zugenommen. Pläne wurden zurückgestellt, Träume sind zerplatzt, weil es keine Nachfrage für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen mehr gibt. Es braucht die Fähigkeit zur schnellen Umstellung und Anpassung, sonst leidet die eigene Beschäftigungsfähigkeit.

Im Schnellzugstempo mussten viele Arbeitnehmende ihre digitalen «skills» erweitern. Welche Auswirkungen hat dies auf die Arbeitsformen in den Betrieben?

Themen wie Digitalisierung, aber auch Agilität (Selbstorganisation) gewinnen noch stärker an Bedeutung. Unternehmen werden noch flexibler auf Veränderungen reagieren wollen, dafür brauchen sie Mitarbeitende, welche offen für Veränderungen sind und Bereitschaft zeigen, sich schnell auf neue Situationen einzustellen. Schnelles Lernen und die Bereitwilligkeit zu Experimenten sind gefragt. Kollaboratives Arbeiten und die Vermischung zwischen digitalen und nicht digitalen Arbeitsformen nehmen zu. Das Konzept des flexiblen Arbeitsortes wird an Gewicht gewinnen, wie auch die Bedeutung der Selbstverantwortlichkeit.

«Themen wie Digitalisierung, aber auch Agilität (Selbstorganisation) gewinnen noch stärker an Bedeutung.»
Michael F. Gschwind

Stellen Sie auf dem Stellenmarkt starke Veränderungen der Anforderungsprofile fest?

Veränderungen in den Profilen sehe ich noch keine. Die Begriffe digitale Kompetenz und Flexibilität verknüpft mit einer ausgewiesenen Fachkompetenz werden wahrscheinlich vermehrt auftauchen.

Welche Berufe oder Funktionen sind jetzt gefragt beziehungsweise werden gefragt sein?

Es ist wie bei den Virologen: Aussagen über die Zukunft zu machen, wird immer schwieriger, da die (Arbeits-)Welt komplexer und weniger planbar wird. Was sich schon länger abzeichnet, ist die weitere Verschiebung in den Dienstleistungs-, Bildungs- und Gesundheitssektor.

Wo sehen Sie insbesondere für die kaufmännischen Berufe Potenzial und Chancen aus dieser Krise?

Anforderungen an Mitarbeitende verändern sich noch schneller. Für kaufmännische Berufe gilt: nicht stehenbleiben, Lernbereitschaft zeigen, sich neugierig mit allen Formen der Digitalisierung auseinandersetzen und offen für kollaboratives Arbeiten sein.

Viele Firmen und Privatpersonen sind wegen den wirtschaftlichen Folgen finanziell eingeschränkt. Trotzdem sind Weiterbildungen wichtig. Was empfehlen Sie?

Da die Unternehmen mit Neueinstellungen zurückhaltend sind, ist es nun der richtige Zeitpunkt, sich fit für die Zukunft zu machen und Weiterbildungen zu besuchen. Einerseits um vorhandene Defizite zu kompensieren, andererseits um Neues zu lernen.

«Die Begriffe digitale Kompetenz und Flexibilität verknüpft mit einer ausgewiesenen Fachkompetenz werden wahrscheinlich vermehrt auftauchen.»
Michael F. Gschwind

Welche Entwicklungen beobachten Sie auf dem Weiterbildungsmarkt?

Der Weiterbildungsmarkt wird dynamischer und unübersichtlicher. Es wird immer schwieriger abzuschätzen, welche Abschlüsse für die eigene berufliche Zukunft relevant ist. Die Fachhochschulen haben mit den Titeln Bachelor und Master sicher einen Vorteil für Personen, welche im internationalen Umfeld tätig sind. Die höheren Fachschulen bieten aber oft im kaufmännischen Bereich einen grösseren Mehrwert, weil sie praxisorientiert weiterbilden und flexibel auf Veränderungen reagieren können.

Was ist Ihr persönliches Motto in Krisenzeiten?

Vorwärtsschauen. Geistig beweglich bleiben. Sich den neuen Anforderungen stellen und die Augen offen halten für neue Chancen. Lokal und global denken und agieren, aber auch nicht jedem Trend nachrennen.

«Der Weiterbildungsmarkt wird dynamischer und unübersichtlicher.»
Michael F. Gschwind