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Arbeitsmarktfähig bleiben

    Früher oder später trifft es jeden. Man gehört zu den Älteren Mitarbeitenden: Sechs Berufstätige erzählen, was sie im Hinblick auf ihre künftige Arbeitsmarktfähigkeit beschäftigt.

    Brigitte Lienhart (56)

    «Ich merke schon, dass ich älter werde. Zum Beispiel bin ich langsamer geworden – beim Arbeiten, aber auch im Denken. Ich vergesse mehr als früher. Das ist wirklich sehr lästig, aber mit einigen Anpassungen der Arbeitstechnik in den Griff zu kriegen. Und überlange Arbeitstage stecke ich nicht mehr so einfach weg. Mit dem Älterwerden, und vor allem auch mit der Erfahrung, ist aber auch mehr Gelassenheit gekommen. Das schätze ich sehr. So schnell lasse ich mich nicht mehr ins Bockshorn jagen. Mittlereile gehe ich davon aus, dass ich mit Neuerungen dann schon klar komme. Das war früher anders und hat mich häufig gestresst. Zudem kann ich Situationen und Menschen besser einschätzen und handle deshalb klüger und taktisch geschickter – zum Beispiel in der Kommunikation mit unseren Mitarbeitern in Indien und Russland. Auch meine eigenen Stärken und Schwächen kenne ich besser. Und ich bin heute eine bessere Teamplayerin: Weil ich mir klarer über meine Rolle bin, trete ich weniger kämpferisch auf und reagiere ruhiger. Sollte ich aber eine neue Stelle suchen müssen, wäre das wohl kaum mehr in der Informatik. Ich bezweifle, dass ich in meinem Alter noch etwas finden würde.»

    «Ich bezweifle, dass ich in meinem Alter noch etwas finden würde.»
    Brigitte Leinhart (56), Informatikerin

    André Langsam (21)

    «Ich habe gehört, dass es für ältere Arbeitnehmer zum Teil schwierig ist, bei Arbeitslosigkeit wieder einen Job zu finden. Ein Bekannter von mir hat seine Stelle gekündigt, weil er mit der Arbeit nicht mehr zufrieden war. Dies hat er später bereut; er fand in seinem Gebiet keinen Job mehr. Offenbar war er trotz grosser Erfahrung für Arbeitgeber zu teuer.

    Ich mache mir manchmal auch Gedanken darüber, wie es sein wird, wenn unsere Generation 50 ist. Dass wir einmal länger arbeiten werden, ist für mich klar. Die Menschen werden älter, folglich kann es nicht sein, dass sie mit 65 in Pension gehen, das ist für mich auch in Ordnung. Das lässt sich nämlich nicht finanzieren. Die meisten meiner Kollegen sehen das auch so.Mich beschäftigt, was ich tun kann, damit ich längerfristig arbeitsmarktfähig bleibe. Weiterbildung ist sicher wichtig. Nach dem Bachelor werde ich mich wohl in einem Gebiet spezialisieren, 
    möglicherweise eine CAS- oder MAS-Weiterbildung absolvieren. Die Frage ist auch, wie oft soll man die Stelle wechseln, damit man im Beruf erfolgreich bleibt. Ab und zu ein Wechsel ist sicher sinnvoll, man kann so Erfahrungen sammeln. Aber zu viele Jobwechsel können auch nachteilig sein, weil man sich als wenig treu gegenüber Arbeitgebern zeigt.»

    «Ich mache mir Gedanken, wie es sein wird, wenn unsere Generation 50 ist.»
    André Langsam (21), Maschinentechnikstudent

    Barbara Klinger (50)

    «Seit dem Abschluss meiner Ausbildung vor 15 Jahren hat sich in meinem Beruf bereits viel verändert. Wir müssen vermehrt mit Tests belegen, ob das Kind Fortschritte macht, und die Therapiedaten für die Statistik erfassen. Die komplizierten Abläufe beschäftigen unser ganzes Berufsfeld. Manchmal ärgere ich mich über den administrativen Mehraufwand. Spannend finde ich aber die Kompetenzorientierung im Zusammenhang mit dem Lehrplan 21, die sich auch in der Logopädie auswirkt. Zudem arbeiten wir heute öfters mit digitalen Programmen. Die Kinder können am Computer Sprechübungen machen. Das ist eine grosse Chance, fordert mich aber auch heraus. Ich halte mich mittels Fachliteratur auf dem Laufenden und besuche regelmässig Weiterbildungen. Die Schule bezahlt einen Grossteil davon und stellt mir teilweise auch die Arbeitszeit zur Verfügung. Zudem profitiere ich viel von den jüngeren Arbeitskolleginnen, die bereits in der Ausbildung gelernt haben, digitale Programme in der Therapie einzusetzen. Ich kann mir gut vorstellen, bis 65 zu arbeiten und mein Pensum langsam etwas zu reduzieren. Die Gespräche mit Eltern, Lehrpersonen und anderen Beteiligten sind oft anstrengend. Doch mit den Kindern arbeite ich immer noch gern.»

    «Viele meiner Arbeitskolleginnen sind aus dem Beruf ausgestiegen.»
    Barbara Klinger (50), Logopädin

    Flavio Zwahlen (25)

    «Eines ist klar: Ich möchte der Medienbranche treu bleiben. Ob ich in 25 Jahren noch immer im Journalismus arbeite oder bis dahin an die Medienstelle einer Firma gewechselt habe, steht noch in den Sternen. Ich kann mir beides vorstellen. Sich festzulegen, ist in meinem Beruf ohnehin nicht sinnvoll. Die Digitalisierung verändert die Arbeitsweise Jahr für Jahr und die Medien haben mit grossen Verlusten an Abo- und Werbeeinnahmen zu kämpfen. Ich mache mir zwar keine Sorgen um meine berufliche Zukunft, aber mein Alltag wird in drei Jahrzehnten sicher ganz anders aussehen. Dies kann man durchaus auch positiv werten, so bleibt mein Beruf spannend und vielseitig. Als ich mit gerade mal 19 Jahren im Journalismus angefangen habe, war ich eigentlich überall der Jüngste – ob in der Ausbildung an der Journalistenschule MAZ oder bei den verschiedenen Redaktionen, bei denen ich bereits gearbeitet habe. Als ehemaliger Kantonsschüler war das zu Beginn ein wenig gewöhnungsbedürftig. Doch rückblickend ist es das Beste, was mir passieren konnte. Ich habe viel von meinen älteren und vor allem auch erfahrenen Berufskolleginnen und -kollegen gelernt und dadurch extrem schnell Fortschritte erzielt. Mit dem aufblühenden Online- und Videojournalismus wendet sich das Blatt jedoch allmählich. Jetzt sind wir jungen Journalisten gefragt, um den Älteren unter die Arme zu greifen.»

    «Die Digitalisierung verändert die Arbeitsweise Jahr für Jahr.»
    Flavio Zwahlen (25), Redaktor

    Brigitte Eberhard (48)

    «Seit meinem Abschluss als Pflegefachfrau vor 27 Jahren habe ich mich mehrmals weitergebildet. Zuerst in der Intensivpflege und später habe ich an der Fachhochschule den Bachelor und danach noch den Master in Pflege erworben. Meine Motivation war, Neues zu lernen. Denn gelegentlich hatte ich den Eindruck, mit altem Wissen unterwegs zu sein. Unser Beruf verändert sich stetig. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Technik spielen eine immer wichtigere Rolle und der ökonomische Druck beschäftigt uns zunehmend. Zudem ist mir heute bewusster, dass bei einem Spitalaufenthalt stets auch die Angehörigen betroffen sind. An meiner derzeitigen Stelle übernehme ich Aufgaben, wie es im Ausland für sogenannte Advanced Practice Nurses bereits lange üblich ist. Ich führe zum Beispiel im Tandem mit einem Oberarzt die Sprechstunde durch für Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben, und nehme viele organisatorische Aufgaben wahr. In dieser Funktion habe ich Büro-Arbeitszeiten. Ich bin froh, dass ich keine Nachtwache mehr leisten muss. Denn ab 40 fiel mir das Umstellen zunehmend schwer. Viele meiner Arbeitskolleginnen sind aus dem Beruf ausgestiegen, teilweise wegen der belastenden Schichtarbeit, die mit einer Familie schwierig vereinbar ist. Die Pflege am Krankenbett vermisse ich aber manchmal.»

    «Ich hatte den Eindruck,
    mit veraltetem Wissen
    unterwegs zu sein.»
    Brigitte Eberhard (48), Pflegefachfrau mit Masterabschluss

    Miro Ammann (36)

    «Es war die Faszination für Licht, die mich dazu brachte, mich vom Elektroinstallateur zum Lichtplaner weiterzubilden. Ich liebe es, Räume zu gestalten, in denen sich Menschen wohl fühlen. In den 12 Jahren, in denen ich in diesem Beruf arbeite, hat sich bereits viel verändert: Die LED-Technologie hat Einzug gehalten. Und die Digitalisierung schreitet rasant voran. Ich finde die technischen Entwicklungen wie etwa die Lichtsteuerung und Gebäude-Automatisation sowie das Internet der Dinge sehr spannend und halte mich mit Weiterbildungen stets auf dem Laufenden. Gleichzeitig bin ich skeptisch: Ich habe den Eindruck, dass die Gesellschaft sich kaum Zeit lässt, die rasanten Fortschritte sauber zu reflektieren. Und ich bedauere die Entmystifizierung, die mit der vielen Technologie einhergeht. Doch ich bin zuversichtlich, dass mir die Arbeit nicht ausgehen wird. Zusammen mit einer Kollegin habe ich mich 2017 selbstständig gemacht und wir sind gut ausgelastet. Es gibt zwar immer mehr Lichtplaner, aber auch das Bewusstsein für gute Lichtgestaltung hat zugenommen und somit steigt die Nachfrage. Die Erfahrung und Vernetzung älterer Fachleute wird immer ein Vorteil sein. Ich kann mir gut vorstellen, bis ins Rentenalter in diesem Beruf zu arbeiten. Vielleicht finde ich mich aber eines Tages auch in einem anderen Arbeitsbereich wieder. Wenn man neugierig bleibt, ist vieles möglich.»

    «Mit regelmässiger Weiterbildung halte ich mich auf dem Laufenden.»
    Miro Ammann (36), Lichtplaner

    Autor

    • Rolf Murbach

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