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Die Bankenbranche ist im Wandel und wird auch ihre Berufsbilder verändern. Doch welche neuen Fähigkeiten werden gefragt sein?

Beim Begriff Bankangestellter denken viele an Kundenbetreuung am Schalter. Möglicherweise wird es davon künftig weniger geben. Denn die Zukunftsprognosen der Branche lassen aufhorchen: Filialen werden geschlossen, Schalterpersonal wird reduziert, immer mehr Bankgeschäfte bis zur Eröffnung eines 3a-Kontos lassen sich bequem am Smartphone erledigen. Dazu die Corona-Pandemie: Sie werde zu einem Katalysator der digitalen Transformation in der Finanzindustrie in der Schweiz und weltweit, hielt die Finanzbranchen-Plattform Finews bereits Anfang 2021 in einem Artikel fest.

Doch neu ist die Diskussion zu diesem Thema nicht, wie Simon Stadler, Head of Smart Education bei CYP betont. «Challenge Your Potential», das Kompetenz- und Ausbildungszentrum der Banken, coacht und bildet in der ganzen Schweiz Berufsleute weiter. «Von Prognosen, welche Zusatzkompetenzen es künftig brauchen wird, ist schon mehr als zehn Jahren die Rede», sagt Stadler. Aber wie schnell der Wandel umgesetzt werde, wisse man nicht. Eine der augenscheinlichsten Veränderungen sei sicher die Digitalisierung. Gefährdet seien darum einfachere und repetitive Sachbearbeitungsjobs, die wegrationalisiert werden könnten.

Gefragtes Teamwork

Wer länger keine Weiterbildung mehr absolviert habe, verliere oft die Arbeitsmarktfähigkeit. Wie soll man sich also auf künftige Veränderungen vorbereiten? Das Wichtigste ist gemäss Simon Stadler, die Veränderungen nicht als Einschränkungen zu taxieren, sondern als Chance anzunehmen. Zudem rückten neben methodischen auch soziale und persönliche Kompetenzen zunehmend in den Vordergrund: «Zum Beispiel die Fähigkeiten, in interdisziplinären Teams zu arbeiten und andere Ansichten als Bereicherung wertzuschätzen.»

«Von Prognosen, welche Zusatzkompetenzen es künftig brauchen wird, ist schon mehr als zehn Jahren die Rede.»
Simon Stadler

Dass das Thema Wandel bei den Banken ganz aktuell ist, bestätigt auch Isabelle Zuppiger, Arbeits- und Organisationspsychologin. Sie berät in Rapperswil und Luzern Menschen, die Schwung in ihre Karriere bringen wollen. «Grosse Finanzunternehmen werden ihren Mitarbeitenden interne Jobangebote und Stellenbörsen anbieten und sie mit Laufbahnberatungen und Standortbestimmungen unterstützen.» Aus diesem Grund sind die Anfragen von Bankmitarbeitenden bei Isabelle Zuppiger überschaubar.

Die Laufbahnberaterin weist darauf hin, dass der Kaufmännische Verband Schweiz bereits viel unternimmt, um den Wandel zu begleiten. Zum Beispiel mit der Initiative skillaware.ch, die Bankangestellten in den Themen Arbeitsmarktfähigkeit und Laufbahn unterstützt. Der Schweizerische Bankenpersonalverband, die Arbeitgeber Banken und Kaufmännische Verband Schweiz gründeten die schweizweite Kampagne, um zu evaluieren, welche Grundkompetenzen im Banking heute und in Zukunft gefragt sein werden.

Seine Meinung vertreten

Ganz nah an den Bankerinnen und Bankern, die sich den Herausforderungen der Zukunft stellen wollen, ist auch Judith Bachmann. Sie ist Programmleiterin von Skills 4.0, einem der Weiterbildungsangebote von CYP speziell für die Generation 45plus. Sie ist der Meinung, dass nicht nur ein Weiterentwicklungsbedarf im Umgang mit digitalen Apps und Tools besteht, sondern auch bei den Sozialkompetenzen. Kompetenzen der Zukunft seien zum Beispiel kritisches Denken und Kollaborationskompetenz. Judith Bachmann: «Früher war eher die Fähigkeit, sich in einer Gruppe anzupassen, gefragt. Heute versteht man unter Kollaboration, dass man innerhalb eines Teams seine eigene Meinung vertreten kann.»

Weitere Kompetenzen sind Neugierde, Reflexions- und Kommunikationsfähigkeiten. Gemäss Judith Bachmann sind gerade über 50-Jährige oftmals etwas zu diplomatisch, weil sie es allen recht machen wollen. Jüngeren falle es leichter, Klartext zu sprechen ohne zu verletzen. Auch die verschiedenen Generationen und ihre Werte sind daher ein wichtiges Thema. «Um fit für die Zukunft zu werden, sollte man sich und seine eigenen Werte kennen und bereit sein, sich weiterzuentwickeln», so Judith Bachmann.

«Früher war eher die Fähigkeit, sich in einer Gruppe anzupassen, gefragt. Heute versteht man unter Kollaboration, dass man innerhalb eines Teams seine eigene Meinung vertreten kann.»
Judith Bachmann

Wenn es um digitale Kompetenzen geht, bringe es viel, wenn im Lehrgang über 45-Jährigen unter sich seien. Sonst herrsche ein gewisser Druck, «dass ein jüngerer Teilnehmer kommt und vorzeigt, wie es geht.» Judith Bachmann findet, dass der digitale Wandel im Kopf beginnt. Sobald nämlich die Teilnehmenden des Skills 4.0 selbstbewusster mit digitalen Tools umgehen, sind sie ähnlich schnell und kompetent wie die Jungen.

Keine Angst vor Tools und Apps

Und was können die Jungen tun? Um die digitalen Kompetenzen müssen sie sich in den wenigsten Fällen Sorgen machen. Sie können zudem davon profitieren, dass künftig und bereits heute neue Jobs entstehen, die nahe bei der IT angesiedelt sind (mehr dazu in der Box). Judith Bachmann: «Banker müssen nicht alle zu IT-Spezialisten werden. Aber für die neuen Aufgaben hilft es sicher, offen, flexibel, kreativ und ohne Angst vor digitalen Apps und Tools zu sein.»

Nicht zuletzt sind es immer Menschen, die hinter digitalen Anwendungen stehen, wie Simon Stadler bekräftigt. Er ist zwar davon überzeugt, dass in Zukunft die Berater mehr in Richtung digitale Beraterkompetenz gehen werden. Gleichzeitig bezweifelt er, dass Eigenschaften wie Empathie oder Vertrauen, die beispielsweise ein persönlicher Vermögensverwalter ausmachen, durch eine Maschine ersetzt werden: «Mensch und Maschine schliessen sich gegenseitig nicht aus. Sie werden sich in Zukunft ergänzen.»

Bleibt die Frage nach der Rolle der persönlichen Beratung. Simon Stadler weist darauf hin, wie wichtig der Bankschalter früher für die Grundausbildung war. «Durch den Kundenkontakt kamen die Lernenden mit relativ einfachen Problemstellungen in Kontakt.» Mit dem Schalter gehe auch viel Wissen und Einsatzmöglichkeiten für die Lernenden verloren. Simon Stadler: «In den Vereinigten Staaten passiert im Moment teilweise genau das Gegenteil: Einige Banken beginnen wieder vermehrt die Beratungszonen einzuführen und insbesondere die Einführung einer Banklehre zu fördern.» Es nütze eben nichts, wenn es zwar viele Investmentbanker gebe, aber niemanden mehr, der den Kunden eine Hypothek erklären kann.

Veröffentlicht am: 11.06.2021

«Banker müssen nicht alle zu IT-Spezialisten werden. Aber für die neuen Aufgaben hilft es sicher, offen, flexibel, kreativ und ohne Angst vor digitalen Apps und Tools zu sein.»
Judith Bachmann
  • Neue Ausbildung

    ICT Berufsbildung plant eine neue Ausbildung, die sich besonders für Quereinsteigende aus dem kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Umfeld eignet. Sie heisst «Digital Collaboration Specialist mit eidgenössischen Fachausweis». Die Absolventen der Ausbildung sind Spezialisten für die Umsetzung von digitalen Strategien und verantworten den professionellen Einsatz und die Nutzung von digitalen Produkten für die Kommunikation, die Administration oder andere Geschäftsbereiche. Die ersten Vorbereitungskurse sollen im Herbst 2021 starten.

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Autorin

  • Susanne Wagner

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