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Mit dem Begleiteten Selbstorganisierten Lernen (BGSOL) fördert die WKS KV Bildung in Bern Kompetenzen, die für die Arbeitswelt 4.0 wichtig sind. Die neue Unterrichtsform bewährt sich auch in Zeiten von Corona.

Im August 2018 hat die WKS KV Bildung für ihre kaufmännischen Lernenden das Begleitete Selbstorganisierte Lernen (BGSOL) als freiwillige Unterrichtsform eingeführt. Im Gegensatz zur klassischen Unterrichtsmethode fokussiert es auf selbstständiges Lernen innerhalb klarer Strukturen. Die frontal gehaltenen Unterrichtseinheiten sind mit einer Länge von 20 Minuten deutlich kürzer als bei traditionellen Veranstaltungen. Den Lernenden bleibt somit mehr Zeit für die individuelle Vertiefung des Stoffs. Dies tun sie in einer realen Arbeitsumgebung: Der Unterricht und die selbstständigen Arbeitssequenzen finden in eigens gestalteten Räumlichkeiten statt, die einem Co-Working-Space ähneln.

Jeder BGSOL-Lernende wird von seinem Lerncoach und ihren Fachlehrpersonen individuell betreut und gefördert. «Die nahe Begleitung jedes einzelnen Lernenden erfordert viel Zeit, ist aber ein wesentlicher Erfolgsfaktor», sagt Peter Kaeser, Direktor der WKS KV Bildung. Die Lehrpersonen hätten den Rollenwechsel hin zum Lerncoach gut vollzogen. Dieser Wechsel sei nicht einfach gewesen, denn die Begleitung der Lernenden erfordere eine ganz andere Herangehensweise an das Lernen, als dies im klassischen Unterricht geschieht. Die Lernenden müssten sich ebenfalls erst mit der neuen Lernform vertraut machen. «Das selbstständige Arbeiten und die Teamarbeit im Lernkontext ist den Lernenden nicht einfach gegeben. Diese Umstellung, gepaart mit der Unsicherheit bei nicht zufriedenstellenden Noten, hat auch zu Wechseln ins klassische Unterrichtsmodell geführt», sagt Peter Kaeser. Die Lernenden werden seit den ersten Übertritten deshalb noch enger begleitet. Insgesamt schneiden die beiden ersten BGSOL-Klassen ebenso wie die BGSOL-Lernenden mit Lehrbeginn 2019 bei den Noten jedoch gut bis sehr gut ab.

Entwickelt wurde das BGSOL in enger Zusammenarbeit zwischen Leitung, Lehrpersonen, Mitarbeitenden der Administration, Lernenden sowie Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern. Die Lernenden entscheiden sich freiwillig dafür und können sich jederzeit für die klassische Unterrichtsmethode umentscheiden. Umgekehrt ist es Lernenden auch während der Lehre möglich, ins BGSOL zu wechseln.

«Das selbstständige Arbeiten und die Teamarbeit im Lernkontext ist den Lernenden nicht einfach gegeben.»
Peter Kaeser

Konsequent handlungsorientiert

Die Lernenden geniessen mit dem BGSOL-Modell einerseits viele Freiheiten bei der Gestaltung ihres Schulalltags. Anderseits übernehmen sie mehr Verantwortung für ihre Lerntätigkeit, denn sie müssen sich in agilen Organisationsformen behaupten, Initiative zeigen und ihren Lernprozess reflektieren. «Die Lernenden erwerben mit dem BGSOL Handlungskompetenzen, die sie im Berufsleben weiterbringen», sagt Simon Schranz, Leiter Grundbildung bei der WKS KV Bildung. Diese Handlungskompetenzen dürften in der neuen Bildungsverordnung für Kaufleute stärker gewichtet werden, die 2022 mit dem Projekt «Kaufleute 2022» in Kraft treten soll. Die WKS KV Bildung nehme mit dem BGSOL die neue Bildungsverordnung jedoch nicht vorweg, betont Direktor Peter Kaeser: «Unabhängig davon, wie stark sich die kaufmännische Grundbildung tatsächlich verändern wird, setzen wir auf einen konsequent handlungsorientierten und vernetzten Unterricht. Denn wir wollen unseren kaufmännischen Lernenden genau die Fähigkeiten vermitteln, die sie für ihren Berufsweg benötigen.»

Die im BGSOL erlangten Fähigkeiten sind übrigens laut Peter Kaeser nicht nur in der Arbeitswelt gefragt: Die Lernenden profitierten auch stark beim Distanzunterricht während des Lockdowns davon, sich eigenverantwortlich und selbstständig auf neue Situationen einlassen zu können.

«Wir wollen unseren kaufmännischen Lernenden genau die Fähigkeiten vermitteln, die sie für ihren Berufsweg benötigen.»
Peter Kaeser

Das sagen die Experten

Die Arbeitswelt verändert sich, und mit ihr das KV. Das Projekt «Kaufleute 2022» stellt die Weiterentwicklung der kaufmännischen Grundbildung sicher.

«Kaufleute sind vorbereitet»

«Die Reform «Kaufleute 2022» basiert auf einer umfassenden Berufsfeldanalyse. Sie zeigt: Kaufleute von morgen handeln in agilen Arbeits- und Organisationsformen, interagieren in einem vernetzten Arbeitsumfeld und arbeiten mit neuen Technologien. Das setzt technische Fertigkeiten und eine digitale Denkweise, Sozial- und Selbstkompetenzen sowie kritisches Denken und Kreativität voraus. Deshalb müssen wir die Lernenden zum Umgang mit Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft sowie zum lebenslangen Lernen befähigen. Unser Credo: Egal was die Zukunft bringt – Kaufleute sind darauf vorbereitet».

Roland Hohl, Geschäftsleiter Schweizerische Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen SKKAB

«Kaufleute von morgen handeln in agilen Arbeits- und Organisationsformen, interagieren in einem vernetzten Arbeitsumfeld und arbeiten mit neuen Technologien.»
Roland Hohl

«Hohe Selbstverantwortung»

Die Reform wird den Schulunterricht in dem Sinne verändern, dass er handlungskompetenzorientierter und auf berufliche Tätigkeiten fokussierter daherkommen wird. Das Tätigkeitsprofil der zukünftigen Kaufleute ist auf die modernen Bedürfnisse dieser Branche ausgerichtet worden. In der Schule werden fächerübergreifende Kompetenzen geschult, welche es den Lernenden ermöglichen die geforderten Tätigkeiten kompetent und selbstverantwortlich auszuführen. Die Lernenden werden geschult werden, mehr Verantwortung für ihren Lernprozess und für ihr Handeln zu übernehmen.

Esther Schönberger, Rektorin KV Luzern Berufsfachschule

«Keine Angst vor Veränderung»

«Die KV-Reform ist für die Zukunft der Branche Treuhand wichtig, weil bereits heute unterschiedliche Programme und Tools für die täglichen Aufträge im Einsatz sind. Oft fehlt Lernenden dazu Hintergrund-Information, welche die professionelle Anwendung begünstigt. Zudem sind für uns Kundenbeziehung und Beratung zentral. Diese erfolgreich zu gestalten, fordert geeignete Techniken und unternehmerisches Verständnis mit viel Wissen, welches ständig erweitert werden muss. Es macht gerade jetzt besonders Sinn, Lernende im Umgang mit Veränderung zu befähigen, da sie Norm und nicht mehr Ausnahme ist».

Mirjam Haack, Berufsbildungsverantwortliche bei BDO AG, Region Zürich – Ostschweiz

Veröffentlicht am: Juli 2020

«Es macht gerade jetzt besonders Sinn, Lernende im Umgang mit Veränderung zu befähigen, da sie Norm und nicht mehr Ausnahme ist.»
Mirjam Haack

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Autorin

  • Karin Meier

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