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«Gender Pension Gap» oder wieso wir über finanzielle Unabhängigkeit reden müssen

Viele junge Familien leben heute noch das Ernährer-Modell. Die Auswirkungen, insbesondere für Frauen, sind dabei weitreichend. Was die Auswirkungen des Gender-Pension-Gap sind und wie er überwunden werden kann.

In der jährlichen Studie «Sorgenbarometer» der CS ist das Thema Altersvorsorge seit Jahren unter den Spitzenreiter. Obwohl es viele Bemühungen gab und eine Reform nach der anderen aufgegleist wurde, brauchte es knapp 25 Jahre bis eine dieser Reformen in Bevölkerung eine Mehrheit fand. Mit der AHV-Reform 21 wird das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre erhöht und damit die erste Säule entlastet. Jedoch löst die Reform nicht die angestaute Problematik die sich im «Gender Pension Gap» widerspiegelt: Frauen haben in der Schweiz im Durchschnitt 34,6 Prozent weniger Rente zur Verfügung als Männer. «Frauen unterbrechen immer noch oft ihre Karriere, wenn sie eine Familie gründen», sagt Ursula Häfliger, Verantwortliche Politik beim Kaufmännischen Verband Schweiz «danach steigen sie mit geringeren Pensen wieder ins Berufsleben ein. Ein Karriereunterbruch und dann die tieferen Pensen führen zu einer Lohndifferenz, die sich insbesondere auf die Renten der Frauen auswirkt.» In Zahlen bedeutet das, während Männer im Schnitt knapp 54 764.- zur Verfügung haben, erhalten Frauen nur 35 840.- aus allen drei Säulen.

Teilzeit bleibt weiblich

Im Gender Pension Gap zeigt also sich die Auswirkung des Familien- und Lebensmodells und damit der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern über einen längeren Zeitraum. Stark ins Gewicht fällt hier die Tatsache, dass bei den Männern der Anteil der Teilzeit arbeitet gerade mal bei 14 Prozent liegt. Während er bei den Frauen bei 57.5 Prozent beträgt. Bei Frauen mit Kindern steigt dieser Wert dann auf fast 80 Prozent an. Bei Männern mit Kindern sinkt er auf 12 Prozent, wie die Daten des Bundesamts für Statistik zeigen.

«Frauen unterbrechen immer noch oft ihre Karriere, wenn sie eine Familie gründen.»
Ursula Häfliger, Verantwortliche Politik beim Kaufmännischen Verband:

Fokus auf die finanzielle Unabhängigkeit

«Eine Studie von Sotomo ergab, dass eine Mehrheit der Frauen in der Deutschschweiz immer noch am Ernährer-Modell festhält. Das heisst, der Mann soll 80 Prozent arbeiten und sie 50 Prozent», erklärt Häfliger «nur reichen 50 Prozent nicht wirklich aus, wenn man sich eine Karriere aufbauen will.» Die Studie von Sotomo habe auch gezeigt, dass 60 Prozent der Frauen mit erwachsenen Kindern nicht genug verdienen, um ihren Lebensunterhalt selber zu finanzieren, sagt Häfliger. Sie sieht die Problematik also nicht beim unerklärten Lohnunterschied von durchschnittlich drei Prozent, sondern bei der Rollenverteilung und den gesellschaftlich anerkannten Rollenmuster. Wie diese überwunden werden können, da hat die Verantwortliche Politik beim Kaufmännischen Verband eine konkrete Vorstellung: «Finanzielle Unabhängigkeit sollte für uns alle essenziell sein - insbesondere für uns Frauen». Ein wichtiges Lösungsinstrument dafür wurde mit der Individualbesteuerungsinitiative lanciert. «Wenn jedes Einkommen einzeln versteuert wird, hebt das auch den Wert des Verdienstes an», zeigt sich Häfliger überzeugt «Damit werden Anreize für höhere Pensen geschaffen, dadurch steigt der Anreiz für die Unternehmen in die Aus- und Weiterbildung zu investieren, was sich dann wiederum positiv auf den Lohn auswirkt.» Diese Entwicklung hätte automatisch auch einen positiven Effekt auf den Gender-Pension-Gap: Er wird kleiner und im besten Fall ganz überwunden.

Veröffentlicht am 13.12.2022

«Finanzielle Unabhängigkeit sollte für uns alle essenziell sein - insbesondere für uns Frauen»
Ursula Häfliger

Hörempfehlung

  1. Der Kaufmännische Verband Schweiz hat im September seine erste Podcast-Mini-Serie zum Thema «Löhne» lanciert. In der zweiten Folge der Mini-Serie diskutieren wir mit Ursula Häfliger über die Problematiken des Unconscious Bias, der Wichtigkeit der Rollenverteilung und wie der Gender-Pay-Gap bekämpft werden kann. Kfmv-Talks finden Sie auf Spotify, Apple-Podcast oder Youtube.

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Autor:in

  • Dominic Karrer

    Junior Communications Manager beim Kaufmännischen Verband Schweiz

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