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Marco Monego, 37, ist Chief Human Resources Officer bei Lidl Schweiz. Seine prägendste Erfahrung war ein zweijähriger Dienst bei der Päpstlichen Schweizergarde in Rom.

Als Kind hatte er von der Schweizergarde in Rom gehört. Das hat ihn fasziniert: Landsleute, die den Papst bewachen. Später, nach KV-Lehre, BMS und ein wenig Berufserfahrung in einer Informatikfirma, dachte er: Weshalb nicht einen etwas anderen Auslandaufenthalt absolvieren, etwas machen, was wenige tun. Marco Monego, der italienische Wurzeln hat und «gut katholisch» aufgewachsen war, wollte zudem Italienisch lernen. Und er interessierte sich für  Sicherheitsthemen; eine Militärlaufbahn oder ein Engagement bei der Polizei waren für ihn auch denkbar.

Er bewarb sich also bei der Päpstlichen Schweizergarde. Monego durchlief ein anspruchsvolles Auswahlverfahren und bekam den ehrenvollen Job. Was er in Rom erlebte, prägte ihn stark, er absolvierte eine Lebensschule und lernte viel für seine berufliche Laufbahn. «Es waren zwei unglaubliche Jahre», erinnert er sich. «Ich lernte eine komplett andere Kultur kennen, übte mich in Selbstdisziplin und erfuhr, was es heisst, für ein grösseres Ziel einzustehen.»

Schweizer Gardisten müssen die eigenen Bedürfnisse zurückstellen. Sie sind dem Papst voll und ganz zu Diensten. Sie bewachen das katholische Oberhaupt rund um die Uhr, haben lange Einsatzzeiten und geniessen wenig persönliche Freiheiten. «Man ordnet dem Dienst alles unter.» In den langen Nachteinsätzen hatte Marco Monego aber auch Zeit zu lernen. Mit grosser Disziplin büffelte er Grammatik und las italienische Texte. «Ich wollte die Sprache perfekt lernen.»

Der HR-Spezialist hat sich regelmässig weitergebildet und absolvierte eine klassische HR-Laufbahn. Er erlangte das Zertifikat Personalassistent, später den HR-Fachmann sowie den Fachausweis Ausbildner. Von der Personaladministration wechselte er bald in die Personalentwicklung und Berufsbildung. Er stellte die ersten Lernenden von Lidl ein und baute in der Unternehmung die Berufsbildung auf. «Ich hatte selber keine besonders tolle Lehre. Das war mir Ansporn, ein guter Berufsbildner zu sein, der die Lernenden unterstützt.»

Im Gespräch mit Marco Monego merkt man schnell: Er ist einer, dem Struktur und Konzept wichtig sind. Er überlässt nichts dem Zufall, plant Schritt für Schritt, definiert Prozesse akkurat und engagiert sich in der Umsetzung. Monego, der unterdessen vor allem Managementaufgaben innehat, weiss, wovon er spricht. Er gehört nicht zu den Managern, die die konkreten Aufgaben, die hinter Organigrammen stehen, nur als Planspiele kennen. Er ist kein Theoretiker, denn er hat im Laufe der Jahre fast alle Aufgaben, die im HR anfallen, selber ausgeführt. «Das ist ein Vorteil, gerade im Zuge der Digitalisierung, wo Systeme immer komplexer werden und alle Prozesse ineinandergreifen.»

Sein Rüstzeug holte sich Marco Monego auch bei seinem einjährigen Einsatz beim Mutterkonzern, der Stiftung Lidl, in Deutschland, wo er sich in Rekrutierung und Personalentwicklung vertiefte. Und er lernte, wie ein Konzern mit 11 000 Filialen in 32 Ländern mit 280 000 Mitarbeitern funktioniert – wie wichtig klar definierte Abläufe sind, damit es keine Ungereimtheiten gibt. «Bei der Rekrutierung zum Bespiel befähigen wir die Vorgesetzten in unseren über 140 Schweizer Filialen dank klaren Vorgaben, Abläufen und in intensiven Trainings für die Aufgaben. Viele unserer Prozesse sind standardisiert.»

Marco Monego liebt seinen Job, auch weil die Aufgaben so vielseitig sind: Die strategische Führung des Personalwesens, die Vertretung der Anliegen der Mitarbeitenden in der Geschäftsleitung, der Austausch mit den Sozialpartnern für die Weiterentwicklung des Gesamtarbeitsvertrags gehören dazu. Der Personalleiter befasst sich aber auch mit der Arbeitgeberattraktivität, setzt sich dafür ein, dass Lidl als interessantes Unternehmen wahrgenommen wird, was bei den tiefen Arbeitslosenzahlen immer wichtiger wird. Wie in anderen Branchen ist die Digitalisierung auch im HR ein grosses Thema. «Wir wollen möglichst alle Prozesse digital abbilden beziehungsweise bewerkstelligen.» Rekrutierung, Einarbeitung, Saläre, Absenzen, Beurteilungen, Talentmanagement: Die meisten Bereiche werden elektronisch unterstützt, und es geht immer darum, die Abläufe möglichst effizient zu gestalten. Bei der Besetzung von Führungsfunktionen zum Beispiel finden mit den Bewerbern Videointerviews statt. Erst danach lädt Lidl Schweiz diejenigen Bewerberinnen und Bewerber, die in Frage kommen, zum Gespräch ein. Die Digitalisierung hat Auswirkungen auf Monegos Jobprofil: «25 Prozent meiner Tätigkeiten sind Informatikaufgaben.»

Wertschätzung gegenüber Mitarbeitenden ist Marco Monego wichtig. Er setzt sich daher für gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Entlöhnung ein. «Der Detailhandel wird unterschätzt. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, wie anspruchsvoll die Jobs sind: Arbeitszeiten, die sich an die Öffnungszeit der Filialen anpassen, Schichtbetrieb, Einräumen von schweren Kartons. Das muss honoriert werden.» Lidl Schweiz zahlt nach Aldi die zweithöchsten Mindestlöhne für Ungelernte in der Branche und hat seit 2011 einen Gesamtarbeitsvertrag. Es sei allerdings bei der tiefen Arbeitslosigkeit nicht immer einfach, gut ausgebildetes Verkaufs- und Logistikpersonal zu finden. «Dafür kann man bei uns auch ohne formalen Ausbildungsabschluss einsteigen und eine anspruchsvolle Laufbahn einschlagen.»

Seit Jahren beobachtet der HR-Profi die Entwicklung der Verkaufsberufe. «Auch wir befinden uns in einem Wandel», sagt er. «Aber die Transformation schreitet langsamer voran als in anderen Branchen.» Die Mitarbeitenden müssten sich zwar auf neue technische Hilfsmittel einstellen, doch es werde auch künftig viel manuelle Arbeit anfallen. Und: «Die Beratung gewinnt an Bedeutung.»

Erstmals veröffentlicht: 15.01.2020, aktualisiert: 17.01.2022

«Im Vatikan lernte ich eine komplett andere Kultur kennen und übte mich in Selbstdisziplin.»
Marco Monego, Chief Human Resources Officer bei Lidl Schweiz
  • Rolf Murbach

Foto

  • Reto Schlatter

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