Seitennavigation & Suche
KI beim Kaufmännischen Verband Schweiz: Zwischen Experiment und Alltagstool
Ein Jahr nach der Einführung von KI-Tools zieht der Kaufmännische Verband Schweiz Bilanz: Was mit Neugier und Experimentierfreude begann, ist heute Teil des Arbeitsalltags geworden. Im Gespräch berichtet Prisca D’Alessandro, Leiterin Unternehmensentwicklung, über konkrete Erfahrungen – und warum «Learning by Doing» nicht nur ein pragmatischer, sondern auch ein kultureller Ansatz ist.
Vor einem Jahr hat der Kaufmännische Verband Schweiz einen mutigen Schritt gewagt: Künstliche Intelligenz (KI) sollte im Arbeitsalltag nicht nur beobachtet, sondern aktiv ausprobiert werden. «Wir wollten wissen, was es wirklich heisst, KI im Alltag einzusetzen – nicht theoretisch, sondern ganz praktisch», sagt Prisca D’Alessandro, Leiterin Unternehmensentwicklung. Dabei war von Anfang an klar: Die Voraussetzungen in den Abteilungen und Teams waren sehr unterschiedlich, sowohl was Know-how als auch Offenheit anging.
Deshalb wurde auf ein gemeinsames Onboarding gesetzt – mit Schulungen, Micro-Learnings und einem geschützten ChatGPT-Zugang, der innerhalb der einzelnen Teams gemeinsam genutzt werden konnte. Jede Abteilung war eingeladen, eigene Use Cases zu entwickeln. Daraus entstanden kreative Anwendungen wie der Bot «Koni Konzept», der beim Strukturieren von Projektideen hilft, oder «Vreni Vernehmlassung», der politische Texte analysiert und Argumentationshilfen liefert.
Prozesse, die wirklich helfen
Die KI-Initiative zeigte bald Wirkung – nicht als technologische Revolution, sondern als kulturelle Entwicklung. «Diese personalisierten Assistenten oder GPTs sind keine Alleskönner, aber sie helfen, Denkprozesse zu beschleunigen und Komplexität zu reduzieren», erklärt D’Alessandro.Typische Einsatzbereiche sind etwa: Texte redigieren, Ideen skizzieren, Inhalte übersetzen oder bei Recherchen Zeit sparen. Besonders in der Kommunikation, im Marketing und im HR sind KI-basierte Tools inzwischen fester Bestandteil der Arbeit geworden. Auch andere Abteilungen wie die Finanzen nutzen KI – allerdings in Form von integrierten Tools in bestehender Software. «Wir sind ein Verband, kein Tech-Start-up. Für uns ging es nicht darum, alles neu zu erfinden, sondern herauszufinden, wo KI wirklich unterstützt – auch bei kleinen Aufgaben wie der Ergänzung von HR-Reglementen durch eine FAQ-Funktion», sagt D’Alessandro weiter.
Ein besonders wirkungsvoller Zugang zum Thema KI zeigte sich im Austausch mit den Lernenden. Diese wurden früh einbezogen – etwa durch spezifische Praxisaufträge zum Thema KI im Berufsalltag. «Wir wollten herausfinden, wie Lernende das Thema aufnehmen, wie sie es verstehen und anwenden», sagt D’Alessandro. Die Resonanz war durchwegs positiv – nicht zuletzt, weil die Lernenden oft einen unverkrampfteren Umgang mit neuen Technologien haben.
«Wir sind ein Verband, kein Tech-Start-up. Für uns ging es nicht darum, alles neu zu erfinden, sondern herauszufinden, wo KI wirklich unterstützt.»Prisca D’Alessandro, Leiterin Unternehmensentwicklung und Mitglied der Arbeitsgruppe KI beim Kaufmännischen Verband Schweiz
«Der grösste Lerneffekt: Neugier»
Der grösste Gewinn nach einem Jahr? Für Prisca D’Alessandro ist klar: die gewachsene Offenheit. Der Lernprozess wurde bei den Mitarbeitenden mit einer simplen Frage angestossen: Welche Aufgaben möchtest du eigentlich abgeben? Daraus seien realistische, aber effektive Einsatzfelder entstanden – etwa bei Routinefragen oder strukturierten Aufgaben.
«Entscheidend war nicht das Tool, sondern die Haltung: neugierig bleiben, gemeinsam lernen», betont D’Alessandro. Auch Kolleginnen und Kollegen ohne technischen Hintergrund konnten sich schnell einbringen, weil die Hemmschwelle niedrig war. Der KI-Teams-Kanal, die bereichsübergreifende Arbeitsgruppe, Best-Practice-Beispiele und neue geplante Formate wie digitale Mittagssessions stärken den Wissenstransfer im Verband zusätzlich.
Was (noch) nicht messbar ist – und trotzdem wirkt
Und was ist mit der Effizienz? Die Frage nach der messbaren Zeitersparnis taucht immer wieder auf, wie D’Alessandro erzählt: «Wir sind kein Produktionsbetrieb, und auch keine grosse Beratungsfirma. Bei uns gibt es nicht viele Routineprozesse – darum sind die Effekte schwer zu quantifizieren. Dennoch zeigt eine interne Umfrage ein klares Bild: Mitarbeitende empfinden die Tools als hilfreich, sie berichten von Zeitgewinn bei Recherchen, besserer Textqualität und einer spürbaren Entlastung im Arbeitsalltag. Der Wunsch, mit KI weiterzuarbeiten, ist gross. Sorgen rund um Datenschutz, Bias oder fehlerhafte Inhalte sind weiterhin präsent – aber auch das Bewusstsein dafür ist gewachsen. «Wir sagen klar: Was KI vorschlägt, muss überprüft werden. Vier-Augen-Prinzip, Quellenkontrolle und gesundes Misstrauen bleiben wichtig», betont D’Alessandro.
«Entscheidend war nicht das Tool, sondern die Haltung: neugierig bleiben, gemeinsam lernen.»Prisca D’Alessandro
Von der internen Spielwiese zur externen Anwendung
Der nächste Schritt ist klar: Mehr Qualität, mehr Wirkung – später auch nach aussen. Die Zusammenarbeit mit der IT werde weiter vertieft, der Einsatz von Microsoft Copilot konkret geprüft. Parallel dazu werde das bestehende Video-Glossar erweitert, wie D’Alessandro ausführt: «Eine laufende Videoserie erklärt zentrale KI-Begriffe auf einfache und verständliche Weise – konzipiert für den Einsatz auf Social Media.» Auch im Bereich Weiterbildung geht es weiter: Neue, niederschwellige Lernformate sollen gezielt auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnitten werden. Ziel ist es, Praxiswissen weiterzugeben und die Kompetenzentwicklung zu fördern. Zudem wird das bestehende Merkblatt zur KI-Nutzung überarbeitet und um konkrete Hilfestellungen für den sicheren und reflektierten Einsatz im Berufsalltag ergänzt – ganz im Sinne eines nachhaltigen Wissensaufbaus.
Ein zentraler Punkt bleibe dabei der ganzheitliche Entwicklungsansatz. «Die KI-Nutzung im Verband ist ein Personalentwicklungsprojekt. Wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden KI-kompetent werden – und KI kompetent einsetzen», so D’Alessandro. Gleichzeitig gehe es auch darum, nach aussen als verlässlicher Ansprechpartner aufzutreten: für Betriebe wie auch für Angestellte. Das interne Know-how fliesst daher auch in öffentlich zugängliche Angebote ein – etwa in das Merkblatt «KI-Nutzung im Betrieb». «Diese Publikation basiert auf unseren eigenen Erfahrungen – und sie wird weiterentwickelt, weil sich auch intern immer wieder neue Fragen stellen.»
KI-Nutzung bleibt Vertrauenssache
Ein zentraler Aspekt bei der Nutzung von KI ist auch die Transparenz: Der Verband deklarierte früh, wenn Texte mit KI erstellt wurden. «KI ist keine Lösung für alles, aber ein Werkzeug, das unsere Arbeit verändert», so D’Alessandro. Wichtig sei, die Balance zu halten zwischen Freiheit in der Nutzung und Verantwortungsbewusstsein im Umgang. Die KI-Reise des Kaufmännischen Verbands Schweiz ist damit noch lange nicht zu Ende. Aber sie zeigt schon jetzt: Wer sich auf das Experiment einlässt, gewinnt nicht nur Know-how, sondern auch eine neue Lernkultur.
Dieser Artikel wurde mit Unterstützung von KI erstellt.
Erstmals veröffentlicht am: 05.11.2025
Autor:in: Sibylle Zumstein
«Die KI-Nutzung im Verband ist ein Personalentwicklungsprojekt. Wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden KI-kompetent werden – und KI kompetent einsetzen»Prisca D’Alessandro
KI-Glossar
Rund um die Thematik der Künstlichen Intelligenz (KI) hat auch ein neues Vokabular Einzug gehalten. Eine Begriffserklärung zu den wichtigsten KI-Begriffen finden Sie auf hier: KI-Begriffe einfach erklärt
Weiterführende Links
-
Merkblatt «Künstliche Intelligenz im Berufsalltag – Chancen und Risiken»Künstliche Intelligenz (KI) hält in rasantem Tempo Einzug in unseren Privat- und Arbeitsalltag. Was gilt es zu beachten bei der beruflichen Nutzung und welche Chancen bietet uns KI? Wie gehen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) am besten mit dem Thema um und was gilt es bei der Einführung von KI im Betrieb zu beachten? Der Kaufmännische Verband Schweiz beantwortet diese und andere Fragen für KMU und ihre Mitarbeitenden.
-
Das EU-Gesetz zur künstlichen Intelligenz