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«Die KV-Reform hat den üK-Unterricht grundlegend verändert»

Praxis statt Theorie, Coaching statt Frontalunterricht: Nadja Goutziomitros begleitet als Leiterin überbetrieblicher Kurse die Umsetzung der KV-Reform in der Branche Dienstleistung und Administration. Im Interview spricht sie über neue Freiräume und Herausforderungen, das Zusammenspiel der Lernorte – und warum es wichtig ist, Lernende dort abzuholen, wo sie stehen.

Nadja Goutziomitros, seit wann unterrichten Sie in den überbetrieblichen Kursen – und was motiviert Sie an dieser Tätigkeit?

Ich unterrichte die überbetrieblichen Kurse seit rund 15 Jahren – und ich liebe es noch immer. Es freut mich jedes Mal, die Klassen ein paar Mal im Jahr zu treffen und sie auf ihrem Weg begleiten zu dürfen. Was mich besonders motiviert, ist der Anspruch, die Qualität der Berufsbildung hochzuhalten. Ich möchte einen gewissen Standard vertreten und diesen auch nach aussen hin sichtbar machen. Die Qualität der Grundbildung, die wir in der Schweiz haben, ist mir ein echtes Anliegen – und ich will aktiv dazu beitragen, dass wir sie erhalten und weiterentwickeln.

Was hat sich durch die KV-Reform im üK-Unterricht am stärksten verändert?

Die Reform hat das Lernen und den Unterricht grundlegend verändert. Der Fokus liegt nun deutlich stärker auf der Praxisnähe. Statt theoretische Arbeitssituationen zu bearbeiten, setzen die Lernenden im Betrieb beispielsweise laufend Praxisaufträge um. Auch in den überbetrieblichen Kursen spiegelt sich das: Zwei der insgesamt zehn üK-Tage sind für eine angeleitete Selbstlernphase reserviert. Das ist für viele eine Herausforderung – aber auch ein wichtiger Schritt in Richtung Arbeitswelt. Ich begrüsse diese Reform sehr, denn sie fördert genau jene Kompetenzen, die heute auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind.

 

Welche Herausforderungen bringt die Reform für Sie als üK-Leitende mit sich?

Der üK-Unterricht wurde im Rahmen der Reform vollständig neu gedacht – heute sind wir viel stärker in einer coachenden Rolle gefordert. Wir begleiten die Lernenden bei der Umsetzung ihrer Praxisaufträge, was den Unterricht individueller und vielfältiger macht. Gleichzeitig ist der Fahrplan eng getaktet und verlangt viel Koordination und Flexibilität. Der Austausch unter den üK-Leitenden sowie mit der Trägerschaft – in meinem Fall mit der IGKG Zürich – ist deshalb zentral. Die Umsetzung ist zweifellos anspruchsvoll, aber auch eine bereichernde Aufgabe.

«Ich begrüsse diese Reform sehr, denn sie fördert genau jene Kompetenzen, die heute auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind.»
Nadja Goutziomitros, üK-Leiterin Branche Dienstleistung & Administration

Was ist heute besonders wichtig, um Lernende erfolgreich zu begleiten?

Drei Dinge sind für mich zentral: Erstens muss man den Bildungsplan wirklich verstehen und in die Praxis übertragen können. Zweitens braucht es ein starkes Netzwerk und einen regelmässigen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen. Dieser Dialog ist zentral, um sich abzustimmen, Unklarheiten zu klären und die Lernenden so kompetent wie möglich zu begleiten. Und drittens ist Lernbereitschaft gefragt. Auch unabhängig von Reformen muss man am Ball bleiben, technologische Tools nutzen und offen sein für neue Entwicklungen.

Gab es in der Umsetzung der Reform Aspekte, die Sie und die Lernenden besonders motiviert haben?

Ein Highlight ist sicher das neue Projekt, welches die Lernenden zwischen dem zweiten und dritten Lehrjahr im Betrieb umsetzen müssen. Von digitaler Content Creation bis zu technischen Lösungen im Datenmanagement kann das ziemlich alles sein. Wir begleiten sie dabei eng. Meine Erfahrung ist, dass dieses Projekt richtig motivierend wirkt. Es ist einfach eine coole Sache, wenn sie etwa einen TikTok-Kanal für ihr Unternehmen führen, Lernvideos drehen oder ein internes Handbuch erstellen dürfen. Das begeistert nicht nur die Lernenden, sondern auch uns üK-Leitende.

«Es ist einfach eine coole Sache, wenn Lernende einen TikTok-Kanal führen oder Lernvideos drehen – das begeistert auch uns üK-Leitende.»
Nadja Goutziomitros, üK-Leiterin Branche Dienstleistung & Administration

Worauf freuen Sie sich in der weiteren Umsetzung der Reform?

Ein Bereich, der für uns noch Neuland ist, betrifft das Qualifikationsverfahren. 2026 wird der erste Jahrgang die Ausbildung nach der Reform abschliessen. Ich bin gespannt, wie das dann in der Praxis umgesetzt wird. Natürlich wissen wir bereits, wie die Abschlussprüfung theoretisch aussehen soll und was vorgesehen ist – aber die konkrete Umsetzung ist noch einmal eine ganz andere Sache. Für mich ist das so etwas wie der letzte grosse Meilenstein dieser Reform. Erst danach werden wir wirklich in der Lage sein, eine fundierte Bilanz zu ziehen.

Veröffentlicht am: 26.6.2025

Autor:in: Ismail Osman, Schriber Kommunikation

Über Nadja Goutziomitros

Nadja Goutziomitros-Milosevic kennt die KV-Welt aus zahlreichen Perspektiven. Als langjährige üK-Leiterin, Berufsbildnerin in grossen Lehrbetrieben und Dozentin für Berufsbildnerkurse an der EB Zürich, Kantonale Schule für Berufsbildung, hat sie über 1000 Lernende durch ihre Ausbildung begleitet. Mit ihrer Firma Goutziomitros-Milosevic Coaching & Consulting in Zürich unterstützt sie Fach- und Führungskräfte im gesamten Bewerbungsprozess – von der strategischen Positionierung über die Erstellung überzeugender Unterlagen bis zur Interviewvorbereitung. Ihr besonderes Engagement gilt der Qualität der beruflichen Grundbildung – insbesondere in der Branche Dienstleistung & Administration, wo sie auch heute als üK-Leiterin tätig ist.

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