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Mental Health am Arbeitsplatz: Das 1x1 für Führungskräfte

Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle, um ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen und psychische Belastungen frühzeitig zu erkennen. Wie Achtsamkeit, offene Kommunikation und präventive Massnahmen die mentale Gesundheit aller Mitarbeitenden stärken können, erklärt Führungscoach Bettina Osterwalder.
Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz geht alle an. Doch wie können Führungskräfte und Mitarbeitende gleichermassen dazu beitragen? Psychische Erkrankungen gehören zu den häufigsten Ursachen für krankheitsbedingte Fehlzeiten. Stress, Überlastung und fehlende Anerkennung führen oft dazu, dass Mitarbeitende ausfallen. Eine gesunde Führung, die auf Achtsamkeit und Unterstützung setzt, kann diesem Trend entgegenwirken. Führungskräfte sollten ihre Mitarbeitenden aufmerksam begleiten, doch auch die Mitarbeitenden selbst müssen auf sich achten, ihre eigenen Grenzen erkennen und ansprechen.
Führungscoach Bettina Osterwalder betont: «Führungskräfte sollten nicht nur ihre Mitarbeitenden im Blick haben, sondern auch sich selbst. Wer nur gibt, ohne auf die eigenen Ressourcen zu achten, läuft Gefahr, irgendwann auszubrennen.»
Achtsamkeit als Grundlage gesunder Führung
Achtsamkeit bedeutet, sich selbst und andere bewusst wahrzunehmen. Ein einfaches «Wie geht es dir?» kann bereits einen Unterschied machen. Kommunikation ist dabei der Schlüssel: Fragen wie «Wie fühlst du dich?» oder «Was brauchst du?» sollten selbstverständlich sein.
Bettina Osterwalder erklärt: «Es geht darum, auf die Signale zu achten, die ein Mensch sendet. Veränderungen im Verhalten, Überstunden oder soziale Isolation können Hinweise darauf sein, dass jemand Unterstützung braucht.»
Das ABC der gesunden Führung
Ein hilfreiches Konzept für eine gesunde Führung ist das sogenannte ABC-Modell: Achtsamkeit, Besprechen und Care. Achtsamkeit bedeutet, Veränderungen bei sich selbst und anderen wahrzunehmen und aktiv darauf zu reagieren. Besprechen heisst, offene Gespräche ohne Angst vor Stigmatisierung zu führen. Und Care beschreibt die gezielte Unterstützung durch Führungskräfte und Teams, indem sie beispielsweise externe Fachpersonen hinzuziehen.
«Wer nur gibt, ohne auf die eigenen Ressourcen zu achten, läuft Gefahr, irgendwann auszubrennen.»Bettina Osterwalder, Führungscoach
ABC der gesunden Führung
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Bewusstsein für die eigene und die mentale Gesundheit anderer entwickeln.
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Offene Kommunikation fördern und Themen nicht tabuisieren.
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Unterstützende Massnahmen ergreifen und Hilfe anbieten, wenn es nötig ist.
Zwischen Fürsorge und Verantwortung
Führungskräfte haben eine Fürsorgepflicht. Sie sollten nicht nur Leistung fordern, sondern auch fördern. Besonders relevant ist das frühzeitige Erkennen von Warnsignalen. Burnouts entwickelt sich oft in Stufen: Anfangs sind betroffene Personen hoch motiviert und leisten viel, doch mit der Zeit geraten sie in eine Abwärtsspirale aus Überlastung, Erschöpfung und sozialem Rückzug. Führungskräfte, die diese Entwicklung erkennen, können gegensteuern – etwa durch Gespräche, gezielte Unterstützung oder das Ermutigen zu Pausen.
Ein zentraler Aspekt ist die Entstigmatisierung psychischer Belastungen. Noch immer scheuen sich viele, über Stress, Erschöpfung oder Burnout zu sprechen. Hier liegt eine grosse Verantwortung bei Unternehmen: Sie sollten eine Kultur des offenen Austauschs schaffen, in der es selbstverständlich ist, über mentale Gesundheit zu reden.
Mutig sein
«Manchmal braucht es nur ein wenig Mut, um ein Gespräch zu starten. Viele Führungskräfte scheuen sich davor, weil sie glauben, sie müssten eine Lösung haben. Dabei reicht es oft schon, einfach zuzuhören», erklärt Osterwalder. Ein Toolkit für mutige Gespräche stellt die nationale Kampagne «Wie geht es dir?» zur Verfügung: Sei es mit einem Selbst-Check, Gesprächstipps oder durch das Emotionen-ABC. Im Emotionen-ABC hat jeder Buchstabe eine Bedeutung von A wie «Ausgebrannt» bis Z wie «Zufrieden». «Die Begriffe können helfen, die eigenen Emotionen klarer zu benennen und als Türöffner für ein Gespräch fungieren», führt Osterwalder aus.
Eine Kultur der Offenheit und Unterstützung schaffen
Mentale Gesundheit muss in Unternehmen genauso priorisiert werden wie körperliche Sicherheit. Wenn Führungskräfte und Mitarbeitende gemeinsam Verantwortung übernehmen, kann eine positive Unternehmenskultur entstehen. Wer Menschen führen will, sollte sie mögen – das ist der Schlüssel zu einer gesunden Unternehmenskultur. Unternehmen, die eine solche Kultur etablieren, profitieren von zufriedenen, leistungsfähigen Teams – und das zahlt sich langfristig aus. «Jede und jeder kann einen Beitrag leisten. Je mehr wir über psychische Gesundheit sprechen, desto normaler wird es, sich Hilfe zu holen», fasst Osterwalder zusammen.
Veröffentlicht am: 12.8.2025
Autor:in: Dominic Karrer
«Manchmal braucht es nur ein wenig Mut, um ein Gespräch zu starten.»Bettina Osterwalder
Infobox
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Bettina Osterwalder ist Coach «Erste Hilfe für psychische Gesundheit». Ihr Motto ist: «Ich mag Menschen… und lebe das Coach-Sein aus ganzem Herzen. Darum kümmere ich mich seit 2016 darum, dass es Menschen, Teams und Unternehmen gut geht.» Als Firmenpartnerin bei Pro Mente Sana befähigt sie Führungskräfte und Mitarbeitende in Erster Hilfe für psychische Gesundheit und leistet so ihren Teil zur Entstigmatisierung von psychischen Krankheiten.
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Über psychische Gesundheit zu sprechen lohnt sich! Die Kampagne «Wie geht’s dir?» sensibilisiert dafür und vermittelt ganz konkrete Tipps.
Podcast-Mini-Serie «Mental Health am Arbeitsplatz» (2024)
Der Kaufmännische Verband Schweiz hat für seinen Podcast «kfmv talks» eine Staffel zum Thema «Mental Health am Arbeitsplatz» produziert. Die fünfteilige Serie bricht gesellschaftliche Tabus: Fachleute aus Forschung, Coaching, BGM und Prävention vermitteln ihr Wissen und geben wertvolle Praxistipps. Aber nicht nur Fachleute kommen zu Wort: Betroffene* erzählen authentisch, wie sie psychische Belastungen und Erkrankungen am Arbeitsplatz erlebt und bewältigt haben. Die Blogbeiträge basieren auf den jeweiligen Interviews.
*Ihre Namen wurden geändert und ihre Aussagen nachgesprochen.