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Diversity fördert Arbeitgeberattraktivität

Man(n) ist sich einig: Diversity bereichert, im Alltag genauso wie bei der Arbeit. Um Diversity und Inklusion wirklich zu leben, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen, einen Kulturwandel und ein gezieltes Talent Management, um Mitarbeitende unabhängig von Geschlecht, Alter oder Ausbildung zu fördern und zu halten.

Diversity ist in aller Munde. Im Zusammenhang mit Personalmanagement steht der Begriff für die Vielfalt der beschäftigten Mitarbeitenden. Dabei werden etwa folgende Faktoren miteinbezogen: Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung und Identität, familiäre Situation, Ethnizität, Religion, Ausbildung, Werte und körperliche oder geistige Behinderung. Eine abschliessende Definition gibt es aber nicht, und der Begriff beinhaltet unterschiedliche Dimensionen, von denen auch nicht alle auf den ersten Blick sichtbar sind.

Zugehörigkeit stärkt die Arbeitszufriedenheit

Bei einem Punkt ist sich die Arbeitswelt einig: Diversity & Inklusion, also Vielfalt und Einbindung, schaffen Zugehörigkeit, führen zu mehr Arbeitszufriedenheit, fördern die Arbeitgeberattraktivität und tragen zum Geschäftserfolg bei. Um Diversity zu erreichen, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Dabei ist Diversity & Inklusion (D&I) kein Projekt, das nach einer bestimmten Dauer abgeschlossen ist, sondern gehört zur langfristigen Personalpolitik und dem Talent Management eines Unternehmens mit dem Ziel, ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen, die besten Mitarbeitenden anzuziehen und Unternehmenserfolg und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Wie erreicht man Diversity im Unternehmen?

Die Grundlage für Gleichstellung bei der Arbeit bildet das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Mann und Frau (GIG). Dieses enthält unter anderem das Diskriminierungsverbot, den Kündigungsschutz und die Bestimmung zur Lohngleichheit. Auf Unternehmensebene helfen Massnahmen zur Förderung von Diversity dabei, Gleichstellung weiter umzusetzen, denn gerade im Bereich Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben oder Lohngleichheit gibt es bei vielen Betrieben in der Schweiz immer noch Aufholbedarf.

Kulturwandel als Voraussetzung

Die wichtigste Voraussetzung für Diversity im Unternehmen ist ein Kulturwandel und die Sensibilisierung von Geschäftsleitung, Führungskräften und Mitarbeitenden für das Thema. Arbeiten alle Führungskräfte Vollzeit oder sind in der Geschäftsleitung keine Frauen vertreten, fehlt es an Glaubwürdigkeit. Gerade im Bereich Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben können Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen und unterschiedliche Arbeitsformen anbieten: Von Teilzeit über flexibles Arbeiten, Jahresarbeitszeit, Ferieneinkauf, verlängertem Mutter- oder Vaterschaftsurlaub bis zur Viertagewoche oder WFA (Working from Anywhere). Flexible Arbeitszeitmodelle helfen, diverse Mitarbeitende anzuziehen. Doch Flexibilität und Autonomie alleine reichen in Zeiten des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels nicht aus. Mitarbeitende suchen auch einen Sinn und Orientierung bei der Arbeit; sie brauchen Wertschätzung und eine gemeinsame Identität. In all diesen Bereichen helfen Vorbilder: Es braucht mehr Teilzeitmänner genauso wie Job- oder Topsharing oder die Beförderung von älteren Arbeitnehmenden, um den Wandel vorzuleben. Sicher ist: Damit D&I-Massnahmen erfolgreich sind, muss Diversity von oben her gelebt werden.

Vorteile von Diversity liegen auf der Hand

Heute bestätigen diverse Studien, dass sich Diversity positiv auf die Zusammenarbeit, das Team, die Unternehmenskultur und den Geschäftserfolg auswirkt. Diversity fördert die Arbeitgeberattraktivität und ist mitunter eine Massnahme gegen den Fachkräftemangel – gerade wenn dadurch Frauen ihre Pensen aufstocken oder nach dem Mutterschaftsurlaub an den Arbeitsplatz zurückkehren.

Die Vorstudie «Korrelation zwischen Wettbewerbs- und Innovationfähigkeit und Implementierung von Diversity&Inclusion-Grundsätzen» der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) vom September 2022 geht der Frage nach, ob es einen Zusammenhang zwischen D&I und der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen gibt. Das Gutachten zuhanden des Vereins Swiss Diversity kommt zum Schluss, dass Unternehmen durch mehr Chancengerechtigkeit ökonomisch profitieren und Diversität direkte und indirekte Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg und die Wettbewerbsfähigkeit hat. Die Vorstudie beinhaltet Handlungsempfehlungen und legt Unternehmen nahe, D&I strategisch zu verankern und sowohl eine interne Mitarbeitenden-Sicht wie auch eine externe Kundenperspektive zu verfolgen.  

Der weibliche Talentpool bietet grosses Potenzial

Die gute Nachricht: Die Schweiz ist und bleibt attraktiv für diverse Talente, wie unterschiedliche Talent-Studien regelmässig bestätigen. Auch die Frauen sind inzwischen gleich gut qualifiziert wie die Männer. Betrachtet man aber den Frauenanteil an der gesamten Belegschaft, sind Frauen in Führungspositionen oft untervertreten.

Wie die Betriebe Diversität bereits umsetzen und wie unter anderem die Geschlechtervertretung aussieht, das misst das «St. Gallen Diversity Benchmarking» des Competence Centre for Diversity & Inclusion (CCDI) der Universität St. Gallen (HSG). Das Benchmarking kann für Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden eingesetzt werden und untersucht die Faktoren Geschlecht, Alter, Nationalität und Sprache. Es erlaubt eine unabhängige Standortbestimmung und ermöglicht Vergleiche mit anderen Unternehmen oder zwischen unterschiedlichen Branchen.

Frauenanteil in der Versicherungs- und Bankenbranche

Am «CCID-Benchmarking 2022 – Versicherungen» nahmen 12 Versicherungsunternehmen teil und es wurden Daten von rund 34 000 Mitarbeitenden analysiert, also von mehr als zwei Drittel der insgesamt 49 900 Personen, die bei Versicherungsunternehmen beschäftigt sind. Der Bericht zeigt: Insgesamt sind Frauen etwas stärker vertreten als Männer, und der Frauenanteil übertrifft mit 37 Prozent im unteren Kader auch die kritische Masse von 30 Prozent, die es braucht, damit eine Gruppe nicht mehr als Minderheit wahrgenommen wird. Bei den Positionen mit Personalverantwortung sind 31 Prozent Frauen vertreten. Doch bei den höheren Kaderstufen sind nur noch 21 Prozent Frauen vertreten – bei den internationalen Banken liegt dieser Anteil noch tiefer, bei 17 Prozent. Positiv stimmt, dass die Versicherungen ihre Talente besonders in den unteren Kaderstufen gut halten können und dass der Frauenanteil im Schnitt stärker zunimmt als der Männeranteil.

Teilzeit bei Männern wird beliebter

Teilzeitarbeit ist bei Frauen stark verbreitet (2021 waren 57.5 Prozent der 15- bis 64-jährigen erwerbstätigen Frauen in einem Teilzeitpensum beschäftigt). Der Anteil der Männer, die Teilzeit arbeiten, ist zwischen 2011 und 2021 um 3.8 Prozentpunkte angestiegen, auf 15.5 Prozent. «Wir müssen Teilzeitkarrieren ermöglichen – auch für Männer», betont Sophie Achermann, Geschäftsführerin von alliance f. Hier müssten noch Vorurteile abgebaut werden, sagt sie. «Männer, die Teilzeit arbeiten oder dies wollen, werden weniger oft zu Bewerbungsgesprächen eingeladen, und gelten schnell als faul. Das muss sich ändern!»

Dadurch können Erwerbs-, Haus und Familienarbeit aufgeteilt werden und Frauen können hochprozentiger arbeiten und ihre Karriere weiterführen, und somit Diversität in Bezug auf Geschlechtervertretung in der Führung fördern.

Das bedeutet aber nicht, dass Führungspositionen nur in einem 80- oder 100-Prozent-Pensum möglich sein können. Führung im Jobsharing, sogenanntes Topsharing, ist eine Frage der Unternehmenskultur und der Organisation. Und die Personen, die sich eine Führungsposition teilen, müssen dies wollen, gemeinsame Werte vertreten und die gleichen Ziele verfolgen.

Ältere Arbeitnehmende fördern

Nani Nold, Verantwortliche für Diversity & Inclusion bei der Allianz Suisse, sagt: «Für die Chancengleichheit aller Mitarbeitenden braucht es weitere Massnahmen, gerade was Arbeitsmarktfähigkeit und Arbeitszeitmodelle betrifft. Wir müssen den Talentpool breiter fassen – auch in Bezug aufs Alter. Es gibt nicht nur ein lineares Karrieremodell. Wenn wir ältere Arbeitnehmende nicht fördern, vergeben wir ein grosses Potenzial.» Die Allianz Suisse wurde 2022 als aktuell einziges Schweizer Versicherungsunternehmen mit der «EDGE Move»-Zertifizierung ausgezeichnet, welche die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz untersucht. Nani Nold ergänzt: «Gleichstellung bedeutet bei uns, dass jede Person ihre Potenziale und Fähigkeiten entfalten kann. Wir sind überzeugt, dass wir als Organisation erfolgreicher sind, weil wir Vielfalt aktiv fördern.»

Veröffentlicht am 4.11.2022

Infobox

  1. «Swiss Diversity» ist eine Plattform zur Förderung von Diversität und Inklusion. Der gemeinnützige Verein bringt Vertreter:innen aus Wirtschaft und Gesellschaft zusammen und bietet verschiedene Gefässe für den Austausch an. Swiss Diversity vergibt jährlich den «Swiss Diversity Award» in in den sieben Kategorien «LGBTQI», «Geschlecht», «Alter», «Beeinträchtigung», «Bildung und soziale Herkunft», «Nationalität und ethnische Herkunft» und «Religion und Weltanschauung». Im Jahr 2022 gab es zum ersten Mal mehrere Gewinner:innen pro Kategorie. Am 9. September 2023 wird der «Swiss Diversity Award» zum fünften Mal verliehen.

    Mehr Informationen: www.swissdiversity.com

Autor:in

  • Sibylle Zumstein

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